Positive 2-Jahres-Daten zu Methylphenidat
Bericht:
Thorsten U. Banisch, PhD
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Eine medikamentöse Behandlung von ADHS erfolgt meist über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die ADDUCE-Studie liefert nun erste Daten zur Sicherheit und Wirkung der Methylphenidat-Therapie bei Kindern und Jugendlichen nach 2-jähriger Behandlungsdauer. Besonderes Augenmerk der Studie lag auf möglichen Wachstumsbeeinträchtigungen, kardiologischen Ereignissen und psychiatrischen Symptomen.
ADHS ist eine neurologische Entwicklungsstörung, welche durch Aufmerksamkeitsdefizite, Hyperaktivität und Impulsivität charakterisiert ist. ADHS ist mit einer Vielzahl an psychiatrischen Komorbiditäten und nachteiligen gesundheitlichen, schulischen und psychosozialen Auswirkungen assoziiert.1 Die Prävalenz von ADHS liegt bei Kindern und Jugendlichen zwischen 5 und 7%.2,3
Der ZNS-psychostimulierende Wirkstoff Methylphenidat gilt als Behandlungsstandard.4,5 Dieser verstärkt die Aktivität des präfrontalen Kortex und optimiert exekutive und aufmerksamkeitsbezogene Funktionen durch die Inhibition der Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin in präsynaptische Neurone.6,7
Der kurz- und mittelfristige klinische Nutzen von Methylphenidat wurde bereits vielfach dokumentiert, es fehlen jedoch Daten zur langfristigen Wirkungsweise und Sicherheit, insbesondere der Auswirkung auf das Wachstum und neurologische und psychiatrische Parameter.5
ADDUCE-Studie zur Langzeitwirkung von Methylphenidat
Die Pharmakovigilanz-Studie ADDUCE untersuchte die langfristige Sicherheit von Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren.8 Sie wurde an 27 europäischen Zentren durchgeführt und untersuchte 3 Kohorten: unbehandelte Patient:innen mit ADHS (nach DSM-IV), die Methylphenidat erhalten wollten (n=756), unbehandelte Patient:innen mit ADHS, die kein Methylphenidat erhalten wollten (n=391), und eine Kontrollgruppe ohne nachweisbares ADHS (n=263).
Der primäre Endpunkt war das Längenwachstum der Patient:innen, ermittelt durch einen referenzierten SD-Score. Sekundärendpunkte waren Gewicht und BMI, kardiovaskuläre Parameter und psychiatrische Scores zu Stimmungsveränderungen (MFQ), motorischen und vokalen Tics (YGTSS), Suizidgefährdung und Kern-ADHS-Symptomen (SNAP-IV).8
Keine klinisch relevanten Veränderungen beim Wachstum
Bei einem Nachbeobachtungszeitraum von 2 Jahren konnte kein Unterschied beim Längenwachstum zwischen den ADHS-Kohorten festgestellt werden, zudem gab es keinen Unterschied in Bezug auf den BMI zwischen den 3 Kohorten.
Der mediane systolische Blutdruck erhöhte sich während des Behandlungszeitraums in den ADHS-Gruppen, mit höheren Werten unter Methylphenidat. Der diastolische Blutdruck und die Pulsfrequenz waren ebenfalls in der Methylphenidat-Kohorte gegenüber den anderen erhöht.8
Positive psychologische Auswirkungen
Der SNAP-IV-Score ergab erhöhte Werte im Gesamtscore und bei Aufmerksamkeitsdefiziten, Hyperaktivität oder Impulsivität bei ADHS-Patient:innen unter Methylphenidat gegenüber keiner Behandlung. Der AIMS-Score registrierte weniger abnormale Bewegungsabläufe, mit signifikanten Verbesserungen in der Methylphenidat-Kohorte gegenüber der Nicht-Methylphenidat-Kohorte.
Fragebögen zu Stimmungsveränderungen zeigten deutliche Verbesserungen, dies war in der Methylphenidat-Gruppe signifikant ausgeprägter als ohne Methylphenidat.
Auch die Prävalenz psychoseähnlicher Symptome und suizidaler Gedanken und Verhaltensweisen nahm in allen drei Gruppen stetig ab, es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den ADHS-Kohorten festgestellt werden.
Zudem wurde eine signifikant niedrigere Tic-Prävalenz ermittelt. Die beiden ADHS-Gruppen unterschieden sich hier erst nach 12 Monaten, wobei eine größere Reduktion in der Nicht-Methylphenidat-Kohorte zu verzeichnen war.8
Positive Langzeitdaten bei akzeptablem Sicherheitsprofil
Zusammenfassend konnte die Studie zeigen, dass das Sicherheitsprofil einer Langzeitbehandlung mit Methylphenidat über 2 Jahre hinweg akzeptabel war, wobei keine schweren Nebenwirkungen auftraten. Die Hypothese, dass eine Langzeitbehandlung mit Wachstumsbeeinträchtigungen verbunden ist, konnte nicht gestützt werden. Puls- und Blutdruckveränderungen waren zwar geringfügig, erfordern aber eine regelmäßige Überwachung. Zudem hat eine Methylphenidat-Langzeitbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS positive Auswirkungen auf psychiatrische Symptome.8
Literatur:
1 Faraone SV et al.: Neurosci Biobehav Rev 2021; 128: 789-818 2 Willcutt EG: Neurotherapeutics 2012; 9: 490-9 3 Sayal K et al.: Lancet Psychiatry 2018; 5(2): 175-86 4 Raman SR et al.: Lancet Psychiatry 2018; 5: 824-35 5 Fachinformationen Methylphenidat, Stand Juli 2007 6 Faraone SV: Neurosci Biobehav Rev 2018; 87: 255-70 7 Arnsten AF et al.: Pharmacol Biochem Behav 2011; 99: 211-6 8 Man KKC et al.: Lancet Psychiatry 2023; 10(5): 323-33
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